Ein Mensch unterschreibt einen Haufen an Dokumenten und Papieren

Vorsorgedokumente in der Praxis

Das Experteninterview mit Rechtsanwältin Karina Klose zur Vorsorgevollmacht

Lesedauer:

3 min

Kurz zusammengefasst

In diesem Ratgeber Artikel wird mit der Rechtsexpertin von meine-vorsorgedokumente.de, Anwältin Karina Klose, erörtert welche Fragen es bei der Erstellung individueller Vorsorgedokumente zu klären gilt. Zudem gibt Frau Klose praxisnahe Tipps, die bei der Erstellung helfen, und beantwortet die Frage, ob es einer notariellen Beglaubigung bedarf.

Veröffentlicht am
2.9.2022

Vorsorgedokumente in der Praxis

Wer eine Vorsorgevollmacht erstellen möchte, sieht sich vielen zu klärenden Fragen gegenüber:

Welche Lebensbereiche soll die Vollmacht umfassen?

Welche Person/en sollen als Stellvertreter*in eingesetzt werden?

In unserem Experteninterview gehen wir diesen und weiteren Fragen mit Rechtsanwältin Karina Klose auf den Grund.

Frau Klose, welche Gedanken sollte ich mir vor der Erstellung meiner Vorsorgevollmacht machen?

"Zunächst einmal ist es schon ein entscheidender Schritt, sich überhaupt mit diesem Thema – dem Sterben und der eigenen Unzulänglichkeit – auseinanderzusetzen. Damit, dass man irgendwann selbst nicht mehr in der Lage sein könnte, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen und auf Hilfe anderer angewiesen zu sein. Man muss sich überlegen, wer in diesem Fall für einen handeln soll. Wer steht mir nahe, wem vertraue ich, wem traue ich zu, meinen Willen im Ernstfall durchzusetzen? Auch empfiehlt es sich, diese Person zu fragen, ob sie diese Aufgabe übernehmen will und kann. Außerdem sollte ich mir Gedanken machen, welche vermögensrechtlichen und persönlichen Bereiche umfasst sein sollen, beispielsweise die Unterbringung in einem Pflegeheim. Wichtig ist vor allem, dass man sich Gedanken macht, denn meistens ist die Entscheidung dann ja doch relativ klar, wenn man überhaupt erst einmal darüber nachdenkt."

Welche Vorteile hat es, meine Vorsorgevollmacht mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin zu besprechen?

"Wir machen oft die Erfahrung, dass viele Fragen, mit denen man im Vorfeld überhaupt nicht gerechnet hätte, sich erst im persönlichen Gespräch stellen. Hier ist es dann gut, einen direkten Ansprechpartner zu haben. Auch ist die Bedeutung vieler Fachbegriffe nicht immer ganz klar. Sie können aber im Rahmen einer anwaltlichen Beratung umfassend erläutert werden. Ein weiterer Vorteil ist auch, dass für den Fall, dass im Laufe des Gesprächs weitere Problemfelder z. B. erbrechtlicher oder steuerrechtlicher Natur auftauchen, wir Ihnen auch hier weiterhelfen können. Entscheidend ist aber vor allem, dass nur bei einer anwaltlichen Beratung alle individuellen Gegebenheiten besprochen und berücksichtigt werden können. Dies kann eine spezielle Krankheit des Einzelnen betreffen, familienrechtlich schwierige Konstellationen oder aber vermögensrechtliche Besonderheiten wie z. B. den Umstand, dass der Bevollmächtigte auch zur Veräußerung von Immobilien befugt sein soll. Meist liegt der Teufel im Detail. Insbesondere also für all diejenigen, die auf eine persönliche und auf den jeweiligen Einzelfall zugeschnittene Beratung nicht verzichten möchten, ist der Gang zum Anwalt empfehlenswert."

Können mich Angehörige auch ohne Vollmacht vertreten?

"Um für eine andere Person rechtswirksam handeln zu können, benötigt man immer eine Legitimation, wie z. B. eine Vollmacht. Im Gesetz ist geregelt, dass Vollmachten grundsätzlich formfrei erteilt werden können, also sogar in mündlicher Form. Zu Beweiszwecken ist es aber ratsam, die Bevollmächtigung immer schriftlich zu fixieren, da auch Banken, Ärzte und Behörden so gut wie immer eine schriftliche und unterschriebene Vollmacht – oft sogar im Original – verlangen. Ohne Vorsorgevollmacht laufen Sie Gefahr, dass Ihre bevollmächtigte Person ihre Bevollmächtigung nicht nachweisen kann und damit quasi handlungsunfähig ist. Um die Interessen des Vollmachtgebers im Notfall also wirksam und schnell durchsetzen zu können, sollte eine Vorsorgevollmacht immer schriftlich aufgesetzt werden. Außerdem dient ein Schriftstück sowohl der Sicherheit des Vollmachtgebers als auch der des Bevollmächtigten. So haben beide Seiten Klarheit, welche Befugnisse erteilt wurden, wie weit diese gehen und was dem Bevollmächtigten beispielsweise ausdrücklich nicht gestattet ist."

Zu welcher Vorsorgelösung raten Sie Ihren Mandanten?

"Das kommt ganz auf die jeweilige Lebenssituation des Mandanten an. Mit einer Vorsorgevoll-macht und einer Patientenverfügung ist man aber schon sehr gut aufgestellt, da damit im Regelfall alle wesentlichen Bereiche abgedeckt werden. Im Einzelfall kann sich aber zum Beispiel auch eine Betreuungsverfügung anbieten oder eine Sorgerechtsverfügung sinnvoll sein."

Muss eine Vorsorgevollmacht denn durch einen Notar beglaubigt werden?

"Eine notarielle Beglaubigung ist in der Regel nicht erforderlich.
Eine Besonderheit besteht bei der Vorsorgevollmacht dann, wenn der Bevollmächtigte über Grundstücke oder Immobilien des Vollmachtgebers verfügen dürfen soll. In diesem Fall reicht eine einfache Vorsorgevollmacht nicht. Gleiches gilt auch, wenn der Vollmachtgeber an einer Gesellschaft beteiligt ist und der Bevollmächtigte an Gesellschafterversammlungen teilnehmen, Anmeldungen im Handels- oder Vereinsregister vornehmen oder Stimmrechte ausüben können soll. Auch um ein Verbraucherdarlehen aufzunehmen, ist die spezielle Form notwendig. Hier ist dann entweder eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht erforderlich, also die Errichtung vor einem Notar, oder aber die Vorsorgevollmacht wird einfach schriftlich erstellt und dann die Unterschrift öffentlich beglaubigt. Öffentlich beglaubigen kann beispielsweise der Notar oder die Betreuungsbehörde beim Landratsamt oder der Stadtverwaltung."

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