Erfahrungsbericht von Heidrun Lange

Anführungszeichen

Nie hätte ich gedacht oder geahnt, dass meine Eltern ohne eigenes Verschulden eine rechtliche Betreuung aufgedrückt bekommen. Meine Eltern hatten nicht vorgesorgt. Sie hatten keine Vorsorgevollmacht und keine Betreuungsverfügung ausgefüllt. [...]

Lesedauer:

7 min

Kurz zusammengefasst

Das liebevolle Verhältnis eines älteren Ehepaares wird durch eine rechtliche Betreuung für Monate zerstört. Heidrun Lange hat mit ihrer Familie gegen die Willkür und Ignoranz der verantwortlichen Personen, die etwas hätten ändern können, gekämpft.

Nie hätte ich gedacht oder geahnt, dass meine Eltern ohne eigenes Verschulden eine rechtliche Betreuung aufgedrückt bekommen. Meine Eltern hatten nicht vorgesorgt. Sie hatten keine Vorsorgevollmacht und keine Betreuungsverfügung ausgefüllt. „Wir werden sicher innerhalb der Familie klären, was mit uns im Alter passiert“, so die Antwort meines Vaters, als wir nach diesen wichtigen Dokumenten fragten.

Mein Vater, 90 Jahre, litt an gebrechlicher Altersschwäche und meine Mutter, 84 Jahre, wurde dement. Da sich der Gesundheitszustand so verschlechterte, dass sie trotz unserer Fürsorge nicht mehr allein in der Wohnung bleiben konnten, mussten wir sie ins Heim bringen.

Unter uns Geschwistern gab es Streit wegen der Pflege und wegen der Finanzen. Deswegen beantragte mein Bruder beim Amtsgericht eine rechtliche Betreuung. Und somit setzte sich die Betreuungsmaschine in Gang. Es folgte die Einschätzung der Gesundheit durch einen Gutachter, die Anhörung durch die Richterin. Diese spricht mit meinem Vater allein. Als im Gespräch gefragt wurde, ob er denn eine Betreuung benötige, sagt er sofort JA. Er dachte, Betreuung ist unterhalten und spazieren gehen. Hätte die Richterin ihm gesagt, dass er künftig nicht mehr über sein Leben bestimmen kann, dann hätte er dem nie zugestimmt. Später wurde auch die Mutter unter rechtliche Betreuung gestellt.

Wir waren nicht mehr berechtigt Entscheidungen für sie zu treffen. Es gab kein Taschengeld, keine Physiotherapie und seitens des Betreuers keine Gespräche über künftige Entscheidungen.

Zum Beispiel, als beide, die über 60 Jahre verheiratet waren, für Monate getrennt wurden. Es bricht mir noch heute das Herz, wenn ich daran denke, wie sie sich suchten. Dem Vater war vorgeworfen worden, seine Frau geschlagen zu haben. Doch die Polizei, die der Heimleiter gerufen hatte, hatte diesen Vorwurf entkräftet. Besuche oder gemeinsame Ausflüge wurden untersagt. Und doch haben wir es geschafft, dass sie sich sehen konnten. Mein Mann, meine Tochter und ich haben sie heimlich aus dem Heim geholt, damit sie wussten, dass der andere noch lebt.

Es war ein Prozess, der immer größeren Verzweiflung, der immer neuen Enttäuschung, gegen die Willkür und Ignoranz der verantwortlichen Personen anzukämpfen, die etwas hätten ändern können.

Wir schafften es, dass die Eltern zwei glückliche Monate miteinander verbringen konnten. Mein Wissen, dass sich während der rechtlichen Betreuung und danach ansammelte, habe ich in meinem Buch „Albtraum Betreuung“ aufgeschrieben. Das Schicksal meiner Eltern ist kein Einzelfall !

Mein großes Anliegen des Buches ist, dass Menschen beginnen, zeitig über eine Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung zu reden. Und vor allem diese auszufüllen. Das gilt für alle Menschen ab 18 Jahre.

Denn für Jugendliche, die noch bei den Eltern wohnen oder gerade ausgezogen sind, liegt eine ernsthafte Erkrankung außerhalb ihrer Vorstellungswelt. Dennoch können sie durch Sport- oder Verkehrsunfälle schwere Verletzungen erleiden, eventuell mit dem Risiko, zum lebenslangen Pflegefall oder Komapatienten zu werden. Was sie oft nicht wissen: Eltern können sie nicht automatisch rechtlich vertreten, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen.

Das Thema wird ausführlich in Heidrun Langes Buch beschrieben, das Sie unter folgendem Link finden: https://www.albtraum-betreuung.de/

Das könnte Sie außerdem interessieren

Jetzt für die Zukunft absichern

Laptop
Nach oben gehen